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Es ist offensichtlich, dass Künstler, die die Bühne betreten – unabhängig vom Theatergenre – sich sozusagen „automatisch“ freiwillig einer Bewertung unterziehen. Und sie warten immer – mit mehr oder weniger großer Sorge – auf die Reaktion des Publikums nach der Aufführung und dann – auf das, was die Theater- und Musikkritiker schreiben werden. Und dass sie mit diesen Bewertungen nicht immer einverstanden sind, ist eine andere Sache. Nicht selten – wenn auch nicht immer laut und offiziell – werden Kollegen auf der Bühne von Fachkollegen „rezensiert“, die gerade „frei hatten“.

Nach der Uraufführung von Verdis Othello am 5. Februar 1887 gab die amerikanische Sängerin Blanche Roosevelt ihre Meinung ab:

Das Orchester begann mit starken Akkorden, die einen Sturm signalisierten. Sofort wurde Vorhang geöffnet. Das Bühnenbild, die Kostüme, der Chor und das Orchester waren fast perfekt; die Besetzung war definitiv schwach. Victor Maurel ist der einzige echte Künstler in der Oper und er ist Franzose. Wenn es um Stimme, Spiel, Aussehen und Kostüme geht, ist er das perfekte Bild dessen, was ein echter Opernsänger sein sollte und das perfekte Bild des Iago in der Oper. Tamagno, der Tenor, spielte und sah wie Othello aus, aber er sang nicht – er heulte! Madame Pantaleoni ist eine ausgezeichnete Person, aber sie hätte als Desdemona bereits bei der Generalprobe ausgetauscht werden sollen. Ihre Stimme ist sanft und dramatisch, aber sie weiß so viel über die wahre Kunst des Singens, wie ich über die Astronomie…

Nur die Zuschauer dieser Aufführung wussten wirklich, wie es war, aber es war wahrscheinlich nicht so schlimm, da die Premiere von Othello ein weiterer großer Triumph Verdis wurde, die Ovationen hatten kein Ende und der Komponist selbst musste sich im Finale zwanzig Mal auf der Bühne zeigen!

Und dass es mit der Objektivität von Kritikern und Kollegen sehr unterschiedlich aussieht, ist eine ganz andere Sache.

Schließlich entscheidet das Publikum, wie lange ein Titel im Repertoire bleibt! Zum Glück 😉

Othello und Desdemona, Autor: Antonio Muñoz Degraín, 1880. Das Gemälde befindet sich im Chiado Museum in Lissabon, Portugal